Ein Pilotprojekt für die Aufarbeitung der NS- und Kolonialverbrechen – Folgeantrag zu Antrag Nr. 166/2020

Wir beantragen:

  1. Die Kommission, welche die NS- und Kolonialvergangenheit von Stuttgarts Straßennamen und Gebäuden erforschen wird (siehe Beschlussvorlage „Berufung einer beratenden Kommission für Straßennamen“ (1093/2025 BV), soll die Vergangenheit des Namensgebers des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums in Zuffenhausen als erstes Projekt und damit als Pilotprojekt untersuchen.
  2. Den Mitgliedern des Gemeinderates sollen in den zuständigen Ausschüssen (z.B. im Ausschuss für Kultur und Medien (AKM)) Zwischenberichte vorgestellt werden.
  3. Die Fachverwaltung erarbeitet eine neue Benennungsrichtlinie für Straßen, Plätze und Gebäude. Diese wird dem Gemeinderat präsentiert und dargelegt, welche Kriterien für eine Benennung bzw. Umbenennung entsprechender Straßen, Plätze oder Gebäude eine Grundlage bietet. Hierbei wird besonderer Wert auf die NS- und Kolonialvergangenheit der Namensgeber*innen gelegt.
  4. Bei der Bürger*innenbeteiligung zum Projekt Ferdinand-Porsche-Gymnasium Zuffenhausen sollen Schüler*innen, Lehrer*innen und Kolleg*innen, Bezirksbeirat und Bürger*innenschaft in besonderem Maße eingebunden werden. Das Schulverwaltungsamt soll in Zusammenarbeit mit dem Kulturamt den Beteiligungsprozess begleiten.

 

Begründung:

Im Jahr 1983 beschloss der Gemeinderat unter Oberbürgermeister Manfred Rommel, entgegen der Interessen des Bezirksbeirats und der Schule, die Umbenennung des Gymnasium Zuffenhausen in „Ferdinand-Porsche-Gymnasium Zuffenhausen“ – ohne eine inhaltliche Aussprache.
Eine sehr fragwürdige Entscheidung, die nur 35 Jahre nach den Gräueltaten des Hitler-Regimes getroffen wurde.
Anders als Rommel es behauptete, ist Ferdinand Porsche keineswegs mit anderen Automobilbauern wie Carl Benz, Gottlieb Daimler oder Wilhelm Maybach vergleichbar – das zumindest legen Forschungen der anerkannten Historiker Hans Mommsen und Manfred Grieger nahe, die sich mit der Geschichte von Porsche eingehend beschäftigt haben. Demnach war Ferdinand Porsche NS-Oberführer, Wehrwirtschaftsführer, stand im Zusammenhang mit der Produktion von Kriegspanzern, war Vorreiter in Sachen Zwangsarbeit.
Auch im Beschlussantrag des Gemeinderates vom 3. Juni 1983 wird in der Beschreibung der Person Ferdinand Porsche eine kritische Einordnung aufgrund seiner NS-Vergangenheit vermieden. Grund genug, den prominenten Fall als Auftakt für einen großen Prozess der Aufarbeitung von Stuttgarts Straßennamen und den Namensgeber*innen für Gebäude zu nehmen.

Im Fall des Ferdinand-Porsche-Gymnasiums wollten Schule, Kollegium, Schüler*innen und Eltern seinerzeit genauso wie der Bezirksbeirat einen anderen Namen haben. Im Gespräch waren Namen wie Konrad Vaut, gebürtiger Zuffenhäuser, der sich als engagierter Bürger gegen das Herzogtum für die Allgemeinheit eingesetzt hat. Ein direkter Gegensatz zu Ferdinand Porsche.

Wir fordern daher eine priorisierte Aufarbeitung dieser Namensgebung und der NS-Geschichte, die gemeinsam mit Schule, Lehrkräften, Schüler*innen, Eltern, Anwohnenden und Bezirksbeirat transparent und mit klarer Beteiligung geführt wird.

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